Wirtschaftskommunikation an der HTW Berlin (Erfahrungsbericht)

Wer studieninteressiert und auf Youtube unterwegs ist, hat bestimmt schon Luisa von Studieren+ kennengelernt. In zahlreichen Videos und auf Ihrem Blog geht es rund um das Thema Studium. Ich stöbere immer sehr gerne bei Studieren+ und freue mich, dass ich Luisa für ein Interview gewinnen konnte.

Hallo Luisa! Super, dass du Zeit gefunden hast. Am besten, du fängst selber an: stell dich den Lesern bitte einmal kurz vor.

Ich bin 34, zweifache Mutter, gelernte Kauffrau im Groß- und Außenhandel und studiere Wirtschaftskommunikation M.A. an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Im Sommersemester 2015 war ich mit meinen Kids und meinem Mann (ebenfalls Student) im Auslandssemester in Bali und seit März 2015 geben wir auf unserem Blog StudierenPlus.de Tipps & Tricks zu Studienfinanzierung, Zeitmanagement und Lernmethoden für Studis auf Umwegen (mit Kind, ohne Abi, über der Regelstudienzeit, im Ausland etc.).

Mit Studieren+ bist du in verschiedenen sozialen Medien aktiv. Meistens sieht man dich aber persönlich in Videos. Warum hast du dich für Youtube als deinen “Haupt-Kanal” entschieden?

Gute Frage. Es war sehr spontan. Hab da nicht lange drüber nachgedacht. Eigentlich blogge ich ja klassisch schon seit fast 5 Jahren. Seit 2 Jahren versuche ich herauszufinden, wie man das professionalisiert und seit März 2015 gibt es StudierenPlus.de. Ich bin jemand, der immer wieder Abwechslung und steile Lernkurven braucht. Mir gingen Idee für Blogposts aus und YouTube fasziniert mich schon solange ich blogge. Seit Juni 2014 habe ich immer wieder Videos veröffentlicht. Im Januar 2016 fasste ich den extrem spontanen Entschluss, damit ernst zu machen und ab sofort täglich Videos rauszuhauen. Das Feedback meiner Zuschauer hat mich einfach beflügelt und die Inspiration kam dann von ganz allein.
Im Gegensatz zum Blog ist YouTube noch viel persönlicher. Dadurch, dass man mein Gesicht sieht und meine Stimme hört, nimmt man mich plötzlich als Menschen wahr und nicht mehr ausschließlich als Informationsquelle. Auch wenn auf meinem Blog mein Gesicht überall zu sehen ist, ist das Gefühl/die Bindung die auf YouTube zwischen Creator und Zuschauer entsteht eine ganz andere. Viele meiner Zuschauer kommentieren (fast) jedes Video. Es ist als würden wir uns kennen. Ein nie enden wollender Dialog über 5 Monate hinweg. Ich liebe es einfach 🙂

Neben dir tummeln sich ja mittlerweile immer mehr Studenten auf Youtube. Welche schaust du dir selber am liebsten an?

Meine vier Lieblingskanäle habe ich gerade in diesem Video vorgestellt. Das sind zufällig alle vier mehr oder weniger Kanäle aus dem Bereich Bildung mit sehr witzigen, sarkastischem, nachdenklichem Anschlag. Ich liebe sie sehr.

Wie kam es zu der Entscheidung, neben Familie und Beruf noch ein Studium zu beginnen?

Tatsächlich habe ich mich gar nicht direkt entschieden, das neben Beruf und Familie zu machen. Mein Ziel war ein Vollzeit-Präsenzstudium. Dafür habe ich auch meinen Job gekündigt. Aber wie das Leben so spielt kommt alles anders als man denkt und ich bin sehr happy darüber. Mein Sohn wurde in meinem zweiten Bachelorsemester geboren. Studieren und nebenbei arbeiten wie geplant hatte sich damit erledigt.
Aus der Not heraus wurde eine Tugend und irgendwann studierte ich mit zwei Kindern und zwei Nebenjobs in einem offiziellen Vollzeit-Präsenzstudium inoffizell in Teilzeit mit ganz wenig Anwesenheit und ich würde es immer wieder so machen. Das Studium gab mir die Freiheit mich um meine Kinder und meine Interessen zu kümmern. Dank BAföG habe ich ein solides Grundeinkommen und dank der Kinder werde ich über die Regelstudienzeit hinaus gefördert. Das verschafft mir Zeit mich nebenbei noch ehrenamtlich zu engagieren und Jobs nach Lerneffekt und Vereinbarkeit zu wählen. Da es an meiner Hochschule keine generelle Anwesenheitspflicht gibt, bin ich in meiner zeitlichen Gestaltung sehr flexibel und kann problemlos daheim bleiben, wenn die Kinder mich brauchen. Für mich ist das Studium der perfekte Zeitpunkt für die Familienplanung. Dazu habe ich auch mal einen eigenen Blogpost verfasst.

Wie kam es zur Wahl deines Studienfaches Wirtschaftskommunikation und was hat dich bei der HTW Berlin überzeugt?

Die Wahl des Fachs bestimmte die Wahl der Hochschule. In Berlin gibt es meinen Studiengang nur an zwei Unis. Und wegziehen kam für mich nicht in Frage. Warum ich mich für diesen Studiengang entschieden habe? Weil er wie gemacht für mich ist. Ich bin seit ich denken kann seeeeeehr kommunikativ und seit ich 17 war, arbeitete ich im Handel. Wirtschaft und Kommunikation zu verbinden war mehr als perfekt. Außerdem enthält das Studium Module in Psychologie, Soziologie und Medienwissenschaften. Ich hätte mir nichts interessanteres vorstellen können.

Das klingt, als würde dir das Studium richtig Spaß machen. Wieviel Zeit investierst du im Schnitt für Studium, lernen und Hausarbeiten schreiben?

Ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht. Meine ersten beiden Semester waren extrem anstrengend. Da machte ich noch alle üblichen Module und arbeitete nebenbei. Alles in allem hatte ich während der Vorlesungszeit eine 70-Stunden-Woche. Das war echt hart und nach der Geburt meines Sohnes nicht mehr denkbar. Seitdem studiere ich in Teilzeit und arbeite von zu Hause. Ich mache so viele Sachen parallel, und versuche alles miteinander zu verbinden, dass sich manchmal schlecht sagen lässt, wo Job, Studium und Freizeit voneinander abgrenzen. Ich meine, ich blogge ja auch übers Studium, verdiene damit ein wenig Geld und lerne dabei auch noch meinen zukünftigen Beruf in der Praxis, den ich aus der Uni nur theoretisch kenne.

Klingt fast schon zu perfekt. Hand auf’s Herz: musstest du auf irgendetwas verzichten, um das Studium zeitlich zu packen?

Ich habe das Gefühl, dass ich auf nichts verzichte. Ich mache viel viel mehr als vorher. Mein Leben ist viel erfüllter. Früher hatte ich „nur“ einen Vollzeitjob und wenn Feierabend, dann Feierabend. Ich war jeden Abend völlig platt und mies gelaunt. Jetzt habe ich Studium, Job und Kinder, nie Feierabend und liebe mein Leben. Worauf ich dafür verzichtet habe? Auf schlecht bezahlte Job, schlecht gelaunte Kollegen und einen Beruf, der mich nicht erfüllte. Damit kann ich leben.

Wie sieht dein Tagesablauf heute aus?

Die Kinder sind von 8:30Uhr bis 16:00 Uhr in Kita und Schule. In der Zeit sitze ich an meinem Esstisch im Wohnzimmer und studieren, blogge oder arbeite. Meistens halt alles irgendwie gleichzeitig. Das wichtigste dabei ist, dass ich nie versuche perfekt zu sein. Done is better than perfect. Ich plane meine Videos nicht. Ich drehe einfach, was mir in den Sinn kommt und habe auch keinen künstlerischen Anspruch. Nur so ist das Pensum von jedem 2. Tag möglich. Mein einziger Eckpunkt auf YouTube ist Authentizität. Ich zeige mich so wie ich bin und wenn das nicht perfekt ist, dann wohl, weil ich es einfach nicht bin.

Dasselbe gilt für meine Familie. Ich habe kein Bild davon, wie eine gute Mutter zu sein hat. Ich bin einfach ich. Ich lasse mich da auch nicht von außen festlegen. Wichtig ist nur, dass wir alle vier glücklich und zufrieden sind und dass sich jeder einzelne von uns in seinem Wesen und seinen Bedürfnissen gesehen fühlt. Ich glaube, das klappt bisher sehr gut 🙂 Mein Tipp für Eltern im Studium habe ich auf Studieren+ zusammengefasst.

Wenn du noch einmal mit dem Studium beginnen könntest, was würdest du heute anders machen?

Nichts 😉

Das klingt toll! Gibt es ein paar Tipps, die du Fernstudien- und Weiterbildungs-Interessierten mit auf den Weg geben kannst?

Einfach machen! Ich habe 2 Jahre gebraucht, um mich dazu durchzuringen. Ich hatte Zweifel, ob ich das schaffen würde, dass ich vielleicht zu alt sei und dass sich meine Familienplanung unendlich nach hinten schieben würde. Außerdem, was werden Familie und Freunde denken? Schlussendlich hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst, aber um das alles herauszufinden, muss man eben auch anfangen. Alles andere ist Spekulation und führt zu nichts.
Mein Rat: Schaut euch unbedingt an staatlichen Hochschulen um. Genau wie private Hochschulen sind auch an staatlichen Fachhochschulen kleine Gruppengrößen üblich. Massenvorlesungen sind ganz große Ausnahmen. Viele Studiengänge kann man auch dort in Teilzeit studieren. In Berlin ist das sogar für alle Studiengänge im Hochschulgesetz verankert. Ihr könnt damit im Vergleich zu privaten Hochschulen eine Menge Geld sparen. Mal davon abgesehen, gibt es an vielen Bundesländern / Hochschulen keine Anwesenheitspflicht. Auch nicht im Präsenzstudium. Und auch das Überziehen der Regelstudienzeit ist selten ein Problem. Ich kenne einige, die ein offizielles Vollzeit-Präsenzsstudium neben dem Beruf absolviert haben.

Zusammenfassend, welche besonderen Vor- und Nachteile hat ein berufsbegleitendes Studium für dich?

Ich studiere ja nicht offiziell berufsbegleitend. Meinen Beruf habe ich mir praktisch selbst dazu erfunden (Social Media Expertin). Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Du verstehst Dinge erst wirklich, wenn du sie anwendest. Je früher desto besser. Außerdem ist die Finanzierung so gesichert. Wenn du dich später für einen Job bewirbst, ist deine Ausgangssituation natürlich viel besser als bei jemandem, der nicht gearbeitet hat und nur Theorien kennt und es tut auch dem eigenen Selbstbewusstsein gut. Man muss sich aber auch über die Arbeitsbelastung klar sein und darüber, dass das Studium vermutlich länger dauert. Man braucht deshalb deutlich mehr Ausdauer. Der Kontakt zu den Kommilitonen ist ganz anders als im Vollzeit-Präsenzstudium. Man braucht eine hohe Eigenmotivation und viel Disziplin. Wenn du gefunden hast, was du liebst, dann schaffst du das auch. Für sehr junge unsichere Menschen, würde ich das aber nicht empfehlen. Denn das klassische Studium und sei es noch so verschulischt heutzutage ist Teil deiner Persönlichkeitsentwicklung. Die Studienzeit ist etwas einmaliges und wer kann, sollte sich das nicht entgehen lassen.

Ein schöner Abschlussatz! Liebe Luisa, vielen Dank für das tolle Interview!

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